Tour-Nummer: 10 / 2006
„Nach Kalifornien?“, hatten die Eltern gemurrt, als ich vorschlug, eine kleine Reise zu machen, „es ist doch so schön hier. Der Garten blüht, die Johannisbeeren sind reif – wieso sollen wir in die Ferne?“ Aber so weit ist es nach Kalifornien nicht. Es liegt an der Küste zwischen Kiel und Fehmarn und gehört zum Schönberger Strand. Kein Flughafen also, kein Jet-lag, keine Strapazen sind zu erwarten. Mit der Linie 200 fahren wir von Kiel über Schönkirchen und Probsteierhagen nach Schönberg. An der Haltestelle „Abzweig Kalifornien“ steigen wir aus.
Das Ortsschild sagt, wo wir sind – sonst würden wir es auch nicht glauben. Wir stehen in schönster norddeutscher Sommerlandschaft mit saftig grünen Wiesen. Wir steigen den Deich rauf, sehen hinter Dünen und Strand das Meer. Auch hier sieht es sehr schleswig-holsteinisch aus. Wir spekulieren über den Ortsnamen. Fangen an zu fragen. Silke Kruse aus Wahlstedt zum Beispiel. „Keine Ahnung, warum das so heißt,“ sagt sie. „Ist doch auch egal,“ sagt ihr Sohn Lars, „Hauptsache, es ist schön hier.“ Ein Stück weiter treffen wir einen Camper. Der behauptet, wir seien gar nicht in Kalifornien, sondern schon in Brasilien. „Stimmt,“ sagt die Eisverkäuferin im Kiosk, „das ist der nächste Ort. Aber das merkt keiner, denn das Ortsschild ist geklaut.“
Um 17:00 Uhr geht der Dampfer zurück nach Kiel. Wieder zu Hause angekommen, rufen wir Uschi Stoltenberg an, die Besitzerin des ältesten Hauses von Kalifornien. Ihr Norddeutsch ist so breit wie der Himmel, ihre Stimme rau wie die See. „Na klaaar“ weiß sie, warum Kalifornien Kalifornien genannt wird. So um das Jahr 1864 wurden draußen am Strand Teile eines Wracks angespült. Ein Fischer fand eine Planke, auf der noch der Name des Schiffes stand. Kalifornien. „Schöner Name“, dachte er, „so soll mein Flecken Erde hier heißen.“ Ein Fischer ein bisschen weiter oben am Strand hörte davon. Und sagte spöttisch: „Wenn bei Euch Kalifornien ist, dann ist bei uns Brasilien.“ Und so ist es bis heute geblieben.
Ö: Von Kiel fährt der Bus 200 jede Stunde. Das Schiff der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel fährt vom 7. Juli–1. Sept. Fr. um 8:00 Uhr von Kiel über Laboe um 8:45 Uhr nach Schönberger Strand. Rückfahrt ab Schönberger Strand um 18:15 Uhr. T. 04 31/594 12 66. Für Familien kostet die Fahrt ab Kiel 22,00 Euro, ab Laboe 11,00 Euro.
Für die Wanderung brauchen Sie anderthalb Stunden. Allerdings ist sie auch für Leute geeignet, die nicht so gut zu Fuß sind: Der Weg auf dem Deich ist durchgehend gepflastert und es gibt immer wieder Bänke, auf denen man sich ausruhen kann. Wer viele Pausen macht, braucht natürlich entsprechend länger. Und wer unterwegs baden geht, auch. Wer dagegen gut zu Fuß ist, sollte unbedingt einen Abstecher zum Naturschutzgebiet Strandseelandschaft Schmoel anschließen – und zwei Stunden mehr Zeit einplanen (siehe Tipp 1).
Tourist-Service: Hauptstelle Schönberger Strand: Käptn's Gang l, geöffnet: außerhalb der Hauptsaison: Mo.– Fr. 9:00–12:00 Uhr. Juni–Aug.: Mo.–Sa. 9:00–17:00 Uhr, So. und Feiert. 10:00–14:00 Uhr. Dienststelle Kalifornien: An der Kuhbrücksau 2, geöffnet April: Mo.–Fr. 10:00–12:00 Uhr, Ostern: 10:00–12:00 Uhr. Mai– Sept.: Mo.–Sa. 9:00–12:00 Uhr und 13:00–16:00 Uhr, So. und Feiert.: 10:00–14:00 Uhr. Weitere Zeiten werden durch Aushang bekannt gegeben!
Fischräucherei Werner Kasten, Promenade 1d, Schönberger Strand, T. 043 44/66 82.
Wer noch Kraft hat, kann weiterwandern zum Naturschutzgebiet Strandseelandschaft Schmoel. Hier gibt es keinen Deich mehr, die Ostsee formt den Strand. Zwergseeschwalben, Schnatterenten, Rothalstaucher, Graugänse und andere Vögel sind hier zu Hause. Ein Weg führt um das Gebiet herum.
Wer noch Hunger hat, sollte in Oma’s Kaffeestuv einkehren. Früher war hier eine Fischerkneipe, der Köm kam in Fünf-Liter-Krügen auf den Tisch. Heute duftet es nach Kuchen und Waffeln. Promenade 15, Schönberger Strand, T. 943 44/ 41 51 02.
Ö: Mit der Linie 200 stündlich von Kiel nach Schönberger Strand.
Wer seekrank wird, kann den Heimweg mit der Eisenbahn antreten. Vom Regionalverkehrsmuseum in Schönberger Strand fahren im Sommer Sa. und So. Dampf- und Dieselloks nach Kiel. Fahrplan: www.schoenberger-eisenbahn.de, T. 043 44/23 23.
Ö: Mit der Linie 200 stündlich von Kiel nach Schönberger Strand.
Wer Lust hat, einfach noch ein bisschen zu bleiben, kann einen Strandkorb mieten und ein Sonnenbad nehmen. Oder ein Bad in der Ostsee. Die Wasserqualität wird regelmäßig kontrolliert.
Wer wissen will, wie das Wetter in Kalifornien gerade ist, kann im Internet bei www.fischer-kruse.de nachsehen. Dort gibt es jede Minute ein aktuelles Bild vom Strand. Eine Wanderung lohnt auch an grauen Tagen, sogar bei Sturm, aber: Mütze einpacken!