Tour-Nummer: 02 / 2010
Meine Nachbarin ist in letzter Zeit oft müde. „Diese Möwen machen mich noch wahnsinnig“, schimpft Frau Klie. „Jeden Morgen um fünf geht hier im Hof das Geschrei los. Nicht schön!“ Trotzdem schlage ich ihr einen Ausflug ans Watt vor, zu einer vogelkundlichen Führung. Und das Ganze garniere ich mit einer Radtour zwischen den Kögen. „Na gut. Die Möwen kann ich ja ignorieren“, sagt Frau Klie.
Von Kiel aus fahren wir mit dem Zug über Husum nach Bredstedt, und von dort radeln wir weiter in Richtung Schlüttsiel – vorbei an wogenden Kornfeldern, saftigen Wiesen und lang gezogenem Deichstrich. An der Auffahrt zum Info-Zentrum des „Verein Jordsand e. V.“ winkt uns schon Vogelwartin Katharina Börtitz. „Wir beobachten heute vom Parkplatz aus“, erklärt sie uns. „Oben auf dem Deich ist es zu windig. Das Spektiv könnte umgeweht werden.“
Über alles, was uns vor die Linse kommt, kann Katharina Börtitz etwas erzählen. Wir staunen über das Wappentier des Vereins, den Austernfischer – und über Haubentaucher, Säbelschnäbler, einen Löffler, Kiebitze, Ufer– und Pfuhlschnepfen, Küstenseeschwalben und einen Kampfläufer, der ein bisschen beleidigt aussieht. Wir beobachten auch Kormorane, die ihr Gefieder vom Wind föhnen lassen müssen, weil sie keine Federfette haben.
Eine Woche später sitzen wir mit unseren daheim gebliebenen Nachbarinnen zu Tisch. „Wusstet ihr, dass die Küstenseeschwalbe jedes Jahr einmal um die ganze Welt fliegt?“, fragt Frau Klie in die Runde. „Von der Arktis zur Antarktis und zurück!“ – „Aber was macht sie denn da überall?“ – „Einfach sein!“, sagt Frau Klie ohne zu zögern. Von den Möwen ist seitdem keine Rede mehr.
Susanne Kollmann
Ö: Hin: Mit dem Zug der Nord–Ostsee–Bahn aus Richtung Husum im Stundentakt bis Bredstedt; zurück ebenfalls im Stundentakt ab Niebüll.
Info
Bei Flut am Nachmittag oder Abend mit der Sonne im Rücken ist die Sicht auf die Wasserbecken am besten. Von der Krone des Landesschutzdeichs sind die Vögel gut zu beobachten. Es versteht sich von selbst, dass die Schutzgebiete nicht betreten und die Vögel nicht aufgestört werden dürfen.
Ein eigenes Fernglas macht unabhängig, vor allem wenn die Gruppe um das Spektiv herum mal größer ist. Anfänger kommen mit einer Brennweite von 8 x 30 gut aus. Das Vogelbeobachter–Portal www.birdnet.de bietet Ausrüstungstipps, aktuelle Meldungen über Vogelstandorte und vieles Nützliche mehr.
Welche Arten wo zu sehen und wie sie zu erkennen sind erklärt „Vögel beobachten in Norddeutschland: Die besten Beobachtungsgebiete zwischen Sylt und Niederrhein“ von Christoph Moning und Felix Weiss, Kosmos Verlag 2007, Euro 26,90.
Es gibt kaum eine heimische Vogelart, deren Rufe und Gesänge Vogelkundler und Stimmenimitator Uwe Westphal nicht nachahmen kann. Auf der CD „Vogelexkursion mit Uwe Westphal“ können Sie fünfundneunzig davon näher kennen lernen. Edition Ample, ca. 15,– Euro.
Acht Kilometer durchs Watt sind es von Schlüttsiel zur Hallig Gröde. Diese Wanderung bieten die Nationalpark–Wattführer Birgit Andresen und Walter Petersen–Andresen mehrmals zwischen Mai und August an. Zurück geht es mit der Fähre. 16,–/ 10,– Euro, T. 04667/466, www.wattwanderung.eu.
Ö: Mit dem Bus tägl. Ab Niebüll 8:55 und 16:15 Uhr; ab Schlüttsiel 9:40 und 17:10 Uhr.
Packen Sie Wechselkleidung ein, und gönnen sich ein feines Essen in „Andresen´s Gasthof“, An der B5, 25842 West–Bargum, geöffnet Mi. u. Do. 18 – 22 Uhr, Fr. – So. 12 bis 14 Uhr u. 18 – 22 Uhr, T. 04672/10 98, www.andresensgasthof.de
Ö:Stündl. mit der Bahn von/ bis Langenhorn, von dort sind es nur 5 km bis Bargum mit dem Rad.