Die Nah.sh Fahrplan-auskunft
Feuersteinwürste im Gesteinsmekka
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Feuersteinwürste im Gesteinsmekka

Tour-Nummer: 01 / 2018

Geologie erleben in Gettorf

Die achtjährige Mavie genießt in ihrer Familie den Ruf einer exzellenten Flaneurin. Nicht selten ist der Beifang dieser lässigen Schlendereien spektakulär. Als Freund des Hauses und ungewöhnlicher Talente ist das Anlass genug, mich am nächstgelegenen Kieler Strand mit Claudia, Jan, Mavie und deren kleiner Schwester Smilla zum Schlendertest zu treffen.

Die Aufgabe: Finde einen besonderen Stein und lasse ihn anschließend im Gettorfer Geotanium, dem Gesteinsmekka des Nordens, auf seinen Sensationsgehalt hin überprüfen.

Wir starten am Falckensteiner Strand. Gesteinstechnisch erweist sich der südlichste Westuferfördestrand als harter Brocken: feiner Sand wohin das Auge reicht. Mit einem ermutigenden „Denn man tau!“ schickt Papa die Töchter auf die Suche. Keine zehn Minuten später – die Eltern beraten gerade noch darüber, ob man aus enttäuschungsvermeidungstaktischen Gründen zur Not auch ein Sandkorn als Stein durchgehen lassen könnte – machen es sich Smilla und Mavie mit einer Handvoll Steinen im Sand bequem und begutachten die Funde. Ein ovales, olivgraues Prachtexemplar hat es ihnen besonders angetan. „Ein Dino-Ei!“, ist sich Smilla sicher. Mavie schaut skeptisch und verlangt Aufklärung.

Wir auch. Also ab ins Geotanium – natürlich mit einem der Schiffe der Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel mbH – SFK, denn ein Küstensommer ohne Schifffahrt ist nur ein halber Sommer. Eine feine Stunde lang lassen wir uns am Oberdeck vom Wind die Frisuren neu arrangieren und genießen den traumhaften Ausblick auf das bunte Treiben der Schiffe auf der Förde. Vom Anleger „Bahnhofsbrücke“ in Kiel ist es dann nur ein Katzensprung zum gegenüberliegenden Hauptbahnhof – und nach fünfzehn Zugfahrminuten sind wir in Gettorf.

Das Geotanium liegt lediglich einen Steinwurf entfernt. Nach rund 250 Metern stehen wir vor dem etwas unscheinbaren Flachdachgebäude, in dem sich Diplom-Geologe Johannes Jannsen vor drei Jahren eine Zentrale für seine umfängliche geologische und umweltpädagogische Bildungsarbeit geschaffen hat. Auf 400 Quadratmetern laden Goldwaschanlage, Forscherzelt mit naturwissenschaftlichen Experimenten und Anordnungen, Dino-Ausgrabungsstätte, Bernsteinschleifstation, Edelsteinmine und Ausstellungsvitrinen zum Forschen, Spielen und Staunen ein.

„Führungen fand ich immer doof“, erklärt Johannes das Credo seines „Museums mit geologischem Indoor-Spielplatz“. „Ich will, dass man Geologie mit allen Sinnen erfassen kann.“ Was im Übrigen nicht immer ein Vergnügen sein muss, wie wir beim Beschnuppern des „Stinksteins“ im Forscherzelt etwas später sehr zur Freude der Mädchen erfahren müssen. 

„So, mal schauen, was ihr da habt“, wendet sich Johannes an Mavie und Smilla, die ihm gespannt ihre Entdeckungen entgegenhalten. „Aha, ein Feuersteinei. Aus irgendeinem Grund sind die manchmal so rund. Da denkt man immer gleich an Dino-Eier, oder?“ Wir fühlen uns ein wenig ertappt, lassen uns aber nichts anmerken und reichen schnell weitere Steine an: ein versteinerter Seeigel, Feuersteinwürste (mit angemessenem Mädchengekicher goutiert), Kristalle ... Kristalle? „Wo habt ihr die denn gefunden, die gibt es hier doch gar nicht?“, wundert sich Johannes. „Auf unserer Auffahrt“, räumen Smilla und Mavie mit einem gewinnenden Lächeln ein. „Und die anderen an der Steilküste in Stohl.“ Soso, das erklärt natürlich unser kleines Wunder von Falckenstein.

Im Gesteinskundecrashkurs lernen wir, was es an den Stränden der Ostsee wirklich zu entdecken gibt: Feuerstein, Gneis, Granit, Porphyr, Basalt, Sandstein und Kalkstein. „Wenn ihr die kennt, könnt ihr quasi alle Steine am Strand bestimmen“, erläutert Jannsen. Und wo, abgesehen von Auffahrten, findet man Kristalle? „Am leichtesten natürlich bei uns in der Edelsteinmine.“ Sekunden später hocken Mavie und Smilla schon im Sand und fördern mit Händen, Schaufel und Pinsel Quarze, Bergkristalle und Amethyste zutage. Allmählich füllen sich ihre Tütchen – auch mit Hämatit, Granat, Olivin und Pyrit aus der Goldwaschanlage nebenan. 

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Gerade legen Mavie und Smilla den Kiefer eines Dinosaurierschädels frei, da ruft Johannes zur „Urzeit aus dem Koffer“. Enorm kurzweilig präsentiert er ein aufregendes Sammelsurium an fantastischen und kuriosen Exponaten, das von einem echten Dinosaurier-Ei über einen versteinerten Blitz bis zum drei Millionen Jahre alten Haifischzahn reicht. Zu gern hätten wir noch Bernsteine geschliffen und im Shop gestöbert, doch wenn wir die letzte Fähre zum Falckensteiner Strand noch erwischen wollen, müssen wir jetzt los. Die gut gefüllten Glitzersteintütchen und die Aussicht auf ein Eis in Kiel trösten die Mädchen ein wenig über den Abschied hinweg. 

Als wir später am Falckensteiner Strand den Tag mit Burger und Fassbrause in der Deichperle, dem ehemaligen Leuchtturmwärterhaus am südlichen Deichende, ausklingen lassen, fragt Smilla treuherzig: „Wann können wir wieder da hin?“ – „Sobald ihr genug neue Steine gefunden habt“, sagt Mama. Breit grinsend kramt Mavie wenig später einen Schwung Steine aus ihrer Tasche: „Hier sind neue!“ Talent für gutes Timing hat sie also auch noch.

Manuel Weber

Ö:

Ab Anleger Falckensteiner Brücke mit der Fördefährlinie F1 Richtung Kiel. Vom Anleger Bahnhofsbrücke sind es rund 400 Meter zum gegenüberliegenden Bahnhof. Von dort geht es etwa alle halbe Stunde weiter mit RE 72 oder RB 73 in Richtung Eckernförde. In Gettorf den Bahnhof entgegen der Fahrtrichtung verlassen und den gelben Tapirtatzen des Tierparks Gettorf 100 Meter bis zum Erreichen der Herrenstraße folgen und die Straße rechts überqueren. Den Vorplatz entlang weitere 100 Meter parallel zur Kieler Chaussee gehen, dann befindet sich das Geotanium links.

Achtung: Für Nutzer der Kleingruppenkarte wird ein Bordzuschlag auf den Fördeschiffen fällig (Kinder: 0,50 Euro, Erwachsene: 1 Euro). Die Anleger Falckensteiner Brücke, Schilkseer Brücke und Strander Brücke werden nur in den Sommermonaten angefahren.

Info

Geotanium
Eckernförder Chaussee 5, 24214 Gettorf,
T 043 46.60 29 02 oder 01 74.417 08 75,
info@geotanium.de, www.geotanium.de

Öffnungszeiten: Mo. geschlossen, Di.–Fr.,
14–18 Uhr, Sa. + So. 13–18 Uhr. Gruppen nach Absprache.

Preise: 6 Euro (Bernsteinschleifen, Fossilienwerkstatt und Ähnliches können für 3 Euro pro Teilnehmer dazugebucht werden), Jahreskarte: 19 Euro.

Individuelle Angebote von Vortrag bis Kinderfest nach Absprache.

Tipps zur Tour

Tipp 1

Fundort

In der Kieler Förde eignen sich die Strände von Bülk und Stein besonders gut zum Steinegucken. Noch besser funktioniert es in und an den Steilküstenund Strandabschnitten rund um die Eckernförder Bucht. Einen Großteil seiner Exkursionen bietet Johannes Jannsen auch genau dort an: zum Beispiel in Dänisch-Nienhof. 

Tipp 2

Vor Ort

Johannes Jannsen ist nicht nur im Geotanium aktiv. Mit einem großen Angebot von Vorträgen über Führungen und Exkursionen – im Übrigen auch für Erwachsene – bis zu Kindergeburtstagen und Klassenfahrten kommt er auch überall dorthin, wo er gebraucht wird. Einfach ansprechen und fragen. 

Tipp 3

Komfort

Lunchpaket einpacken, denn das Mitbringen und Verzehren von Speisen und Getränken im Geotanium ist ausdrücklich erlaubt. Für den schnellen Energieschub gibt es einen kleinen Imbiss mit Süßigkeiten und Knabbereien.