Land vergibt SPNV-Leistungen auf nicht-elektrifizierten Strecken – Künftige Betreiber sollen Akkutriebzüge einsetzen – Neues Anreizsystem für Bieter
Die Ausschreibung zum Akkunetz geht in die nächste Phase: Beim Nahverkehrsverbund für Schleswig-Holstein (NAH.SH GmbH) sind fünf Angebote eingegangen. Die Unternehmen bewerben sich um den Betrieb im Akkunetz, das insgesamt 10,4 Millionen Zug-Kilometer und elf Bahnlinien in drei verschiedenen Losen umfasst. Im nächsten Schritt prüft und bewertet die NAH.SH GmbH die Angebote fachlich und wirtschaftlich. Die Vergabeentscheidung soll im ersten Halbjahr 2021 fallen.
Im Mai 2020 hatte die NAH.SH GmbH die Ausschreibung im Auftrag des Landes und der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG mbH) gestartet. Es handelt sich um die bisher größte Ausschreibung im Schienenpersonennahverkehr in Schleswig-Holstein und bundesweit um die erste Großausschreibung mit Akkutriebzügen. Die neuen Verkehrsverträge für das Akkunetz sollen ab Dezember 2022/ 2023 bis 2035 gelten.
Verkehrsminister Dr. Bernd Buchholz: „Wir möchten mit dieser Ausschreibung einen großen Schritt in Richtung Verkehrswende gehen und als erstes Bundesland 55 emissionsfreie Züge an den Start bringen, um die Dieselzüge in Schleswig-Holstein sukzessive zu ersetzen. Bundesweit gibt es kein vergleichbar innovatives Vergabeverfahren. Ich bin froh, dass wir trotz der hohen Komplexität des Verfahrens so gute Fortschritte machen konnten und nun fünf Angebote erhalten haben.“ Deutschlandweit beteiligen sich an vergleichbaren Vergabeverfahren durchschnittlich nur etwa drei Bieter. Deshalb haben Land und NAH.SH diesmal neue Anreize gesetzt.
Die ausgeschriebenen Verkehrsleistungen umfassen 40 Prozent des Bahnverkehrs in Schleswig-Holstein und entsprechen weitgehend den heutigen Verkehrsverträgen im Netz Nord A (Betreiber DB Regio), Netz Nord B (Betreiber nordbahn) und den nicht-elektrifizierten Verkehren des heutigen Netz Ost (Betreiber DB Regio).
Das Los Nord umfasst die Strecken: RE 72 Flensburg – Kiel, RB 73 Eckernförde – Kiel, RE 74 Husum – Kiel, RB 75 Rendsburg – Kiel und RB 64 Husum – Bad St. Peter-Ording.
Das Los Ost beinhaltet die Strecken: RE 83/84 Kiel – Lübeck, RB 89 Lübeck – Lüneburg, RB 87 Kiel – Preetz und RB 76 Kiel – Schönberger Strand. Wegen des Streckenabschnitts zwischen Lauenburg und Lüneburg ist die LNVG Niedersachsen am Verfahren beteiligt.
Das Los Ost-West umfasst die Linien RB 63 Büsum – Heide – Neumünster und RB 82 Neumünster – Bad Oldesloe.
Das Fahrplanangebot entspricht auf den bestehenden Strecken weitgehend dem Status quo. Es sind jedoch einzelne zusätzliche Leistungen an den Wochenenden sowie im Spätverkehr vorgesehen. Zudem sollen zusätzliche Doppeltraktionen bei nachfragestarken Fahrten zum Einsatz kommen. Grundsätzlich kann das Land in jedem der drei Verkehrsverträge noch weitere Leistungen beauftragen.
Die zu reaktivierenden Strecken zum Schönberger Strand sowie nach Rendsburg-Seemühlen sind im Grundangebot enthalten. Dies gilt auch für die Taktverdichtung zwischen Kiel und Preetz, die mit der Streckenbeschleunigung Kiel – Lübeck geplant ist.
Die Fahrzeuge für den Betrieb werden den künftigen Verkehrsunternehmen gestellt. Auch für die Instandhaltung sind sie nicht verantwortlich. Mit der Umstellung der Verkehrsverträge auf das Bruttoprinzip geben die Verkehrsunternehmen außerdem erstmalig die Erlösverantwortung an das Land ab. Über ein Bonus-/Malussystem schaffen Land und NAH.SH dennoch Anreize für die Fahrgastentwicklung. Die Verkehrsunternehmen bleiben weiterhin zentraler Dienstleister für die Fahrgastinformation, Kommunikation, Vertrieb, für die Reinigung der Züge, die Planung des Ersatzverkehrs und für Kundenservice.
Zum ersten Mal haben Land und NAH.SH bei der Ausschreibung außerdem eine Loslimitierung vorgesehen. Das bedeutet: Die beiden großen Lose Ost und Nord können nicht an ein Verkehrsunternehmen vergeben werden. NAH.SH-Geschäftsführer Dr. Arne Beck: „Diese Loslimitierung sollte mehr Bieter motivieren, sich an dem Verfahren zu beteiligen, und den Wettbewerb auf der Schiene stärken. Wir wollten damit außerdem die Dominanz einzelner Unternehmen in Schleswig-Holstein verringern. Wir freuen uns, dass diese Rechnung aufgegangen ist. Nur durch diesen Wettbewerb erhalten wir attraktive Preise für den Schienenverkehr.“
Hintergrund zum Vergabeverfahren
Bild: Visualisierung eines Akku-Zuges, Quelle: Stadler Deutschland GmbH